Leserbrief zu „Papst der Armen, armer Papst“ in der SZ vom 14.03.2013
(siehe: Link im Literaturverzeichnis)
Heribert Prantls Konstrukt,
dass „alle Päpste seit einem guten halben Jahrhundert ... Päpste des Übergangs (sind)“,
hat den Charme einer überraschenden und starken Leitthese. Er erkauft diese
Stringenz allerdings zum einen um den Preis, dass sehr disparate
Konstellationen und Entwicklungen zurechtgebogen werden müssen, um in den
vorgegebenen Rahmen zu passen. Zum anderen wird dabei unterschlagen, dass der
Begriff des Übergangs im Bereich von Geschichte und Gesellschaft ein durchaus
anderer ist als in der kirchlichen Sphäre. Wandel in der Kirche hat als
Bezugsgrößen sowohl die Zeitgenossenschaft als auch die Ewigkeit, denn Kirche
ist eine fortwährend zu reformierende (semper reformanda est) aber auch die - durch
die Heilszusage Gottes an den Menschen - zeitlos ein- und dieselbe bleibende.
JOHANNES XXIII. sprengte
durch die Einberufung eines Konzils eine Kirche auf, die sich im
Anti-Modernismus eingemauert hatte. PAUL VI. hat maßgeblich zum Gelingen des
II. Vatikanums beigetragen, leitete aber auch die römische Rückorientierung an
der vorkonziliaren Zeit ein. Ein markanter Wendepunkt ist das Jahr 1968. Gegen
die Empfehlung der überwiegenden Mehrheit einer päpstlichen Kommission schrieb
er mit der Enzyklyka Humanae Vitae eine rigide Sexualmoral fest. Man muss dabei
wissen, dass das Verbot „künstlicher“ Empfängnisverhütung nicht primär
inhaltlich motiviert war, sondern dass es ihm vor allem darum ging, auf der
Linie seiner Vorgänger-Päpste zu bleiben, um das Dogma päpstlicher
Unfehlbarkeit von 1870 nicht in Frage zu stellen. JOHANNES-PAUL II. war
charismatische Leitfigur und wichtiger Akteur im weltpolitischen
Ost-West-Konflikt. Innerkirchlich hat er allerdings zusammen mit JOSEPH
RATZINGER alles dafür getan, um die nachkonziliar bewegte Kirche zum Stillstand
zu bringen. Zwei Beispiele: „erkläre ich kraft meines Amtes, ... dass die
Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden“ (Ordinatio
Sacerdotalis, 1994) und „Die Kirche hat
stets gelehrt, dass die Empfängnisverhütung, das heißt jeder vorsätzlich
unfruchtbar gemachte Akt, eine in sich sündhafte Handlung ist. Diese Lehre ist
als definitiv und unabänderlich anzusehen.“
(Päpstlicher Rat für die Familie, 1997) Um alle Gläubigen auf solche
definitiven und endgültig vorgelegten lehramtlichen „Wahrheiten“ zu
verpflichten, hat JOHANNES-PAUL II. 1998 dem Kanon 750 des Kirchenrechts einen
§2 hinzugefügt. Aus römischer Sicht war damit jegliche Diskussion beendet.
Es könnte sein, dass in
einem späteren Rückblick auf BENEDIKTS Pontifikat dessen bahnbrechender
Rücktritt als bedeutsamster Akt seiner Amtszeit eingestuft wird. Es obliegt
jetzt Papst FRANZISKUS, die Katholische Kirche aus ihrem Bunker (Prantl)
herauszuführen. Wenn er denn - wie es den Anschein hat - ein pastoraler Papst
sein wird, bietet sich für ihn der Rückbezug auf das dezidiert pastorale Konzil
an, das vor einem halben Jahrhundert stattfand. Er wäre dann kein Papst des Übergangs,
sondern des Aufbruchs und würde die verknöcherte Kirche wieder für das Wirken
des Heiligen Geistes empfänglich machen.
Leserbrief zu „Der Gummi-Paragraph“ in der SZ vom 18.03.2009
(siehe: Link im Literaturverzeichnis)
Konnte man im Jahr 2005 noch rätseln, was Benedikt XVI. unter einer Diktatur des Relativismus verstand, so führt er anlässlich seiner gegenwärtigen Afrikareise mit seinen Äußerungen zum Thema Kondome der Weltöffentlichkeit eine Haltung vor Augen, die man Diktatur des Prinzipiellen nennen könnte. Liebe in ihrer idealen Form als heterosexuelle Mann-Frau-Beziehung in Verantwortung und Treue ist auf Kondome nicht angewiesen. Aber unsere Welt ist keine Welt der Reinheit und Idealität, die dann auch keines Papstes bedürfte. Der Kontinent Afrika ist geschlagen von Korruption, Armut, Gewalt und der Geißel Aids, wobei vielen afrikanischen Frauen das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung verwehrt ist. Welche auch tödlichen Folgen die päpstlich-doktrinelle Kondom-Ächtung für wie viele Menschen hat, lässt sich empirisch nicht feststellen.
Der aktuelle Fall des
9-jährigen brasilianischen Mädchens jedoch, das aufgrund einer Vergewaltigung
mit Zwillingen schwanger war und dessen Leben bei einer Nicht-Abtreibung
gefährdet gewesen wäre, macht überdeutlich, was die gnadenlose Umsetzung eines
anderen päpstlichen Prinzips, nämlich das des grundsätzlichen Abtreibungsverbotes,
anrichten kann. Aus meinem Glauben heraus weiß ich, dass Jesus an der Seite
dieses malträtierten Kindes steht. Die katholische Amtskirche dagegen lässt
nicht nur das Opfer und seine Mutter allein, sondern versetzt diesen einen
zusätzlichen Schlag, indem sie ihr verabsolutiertes Prinzip exekutiert und die
Mutter des im Leben gehaltenen Mädchens exkommuniziert. Was Jesus - so wie ich
ihn verstehe - sagen würde, könnte sich so anhören: Der Mensch ist nicht dazu
da, sich Prinzipien zu unterwerfen, sondern Prinzipien sollen dem Menschen helfen,
seine gottgewollte Bestimmung zu leben.
Soeben in die kath. Bloggerliste eingebaut:
AntwortenLöschenwww.bloggerliste.blogspot.de
HERZLICH WILLKOMMEN !